Die K-Kolumne

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Stellas Leben… im Hier & Jetzt!

Woche 2

Heute…

war ich mit Freunden von mir, einem sehr netten Paar, Kaffee trinken. Wir haben uns vortrefflich über Schwerbehinderten-Ausweise und Krankheiten unterhalten. Er hat es mit dem Herzen, hat auch Koma-Erfahrung und einen Tremor. Schiebt aber tapfer sie, blind, außerdem MS und Zucker, im Rollstuhl umher. Das nenne ich mal ein Commitment, die hohe Kunst der Selbstverpflichtung und vor allem ein wahrhaft berührendes Liebesbekenntnis.

Irgendwie konnte ich, was die Krankheiten betraf, als Krebsüberlebende gar nicht so recht mithalten. Na ja, will man ja auch nicht wirklich. Er meinte daraufhin, dass Krebs ja eine unsichtbare Krankheit sei. Da musste ich drüber nachdenken. Also ehrlich, mich hatte mein Krebs nicht gestört, hatte ihn ja auch gar nicht bemerkt. Die Krebsbekämpfung fand ich wesentlich unangenehmer.

Der plötzliche und unerwünschte Besuch namens Krebs macht es sich gemütlich. Wir geben den guten Gastgeber, haben wir ja schließlich auch jahrelang oder gar jahrzehntelang geübt. Unserem Gast soll es an nichts fehlen. In der Biologie heißen wir nicht Gastgeber, sondern Wirt. Das ist jemand, der einen artfremden Organismus mit Ressourcen versorgt. Wikipedia bringt es auf den Punkt: „Je nach Art der Wirt-Gast-Beziehung kann der Wirt dem Gast Nahrung liefern, Schutz, Aufenthaltsort und die Möglichkeit zur Vermehrung oder Verbreitung gewähren.“ Klingelt da was?! Also meinem Krebs ging es schon recht lange gut bei mir. Das sollte so nicht bleiben. Also rückte man ihm auf die Pelle mit Chemotherapie und Operationen. Aber mal ganz ehrlich: Wirklich gelitten habe wohl eher ich als gute Gastgeberin. Der Gast hatte etwas Penetrantes, wirklich Dickfelliges an sich. Mal im Ernst: von dem kann man noch lernen. Ob die Krebse so Schulungen bekommen, wen sie sich als Wirt am besten aussuchen, wie ein Faultier in irgendeinem Organ oder einem Körperteil herumhängen und es sich gut gehen lassen? Die Rechnung zahlt so oder so der Wirt.

Während sich zunehmend mein altes äußeres Ich auflöste, wurde mir klar, dass sich auch innere alte Dinge auflösen müssen, um diesem dickfelligen Gast nicht noch einmal Angriffsfläche zu bieten. Ich spreche da von Glaubenssätzen und automatisierten Verhaltensweisen, die irgendwann dazu führen, dass man eher das Leben lebt, von dem man glaubt, dass es so sein sollte, anstatt das eigene Leben zu führen. Wenn Du an deinem Wohlgefühl und deinen Bedürfnissen vorbei lebst, dann kommt der Krebs vorbei und stellt dich vor die Wahl: willst du weiterhin der gute Gastgeber für andere oder für dich selbst sein? Wie sieht es mit deinem commitment, deiner Selbstverpflichtung, deiner engagierten Verantwortungsübernahme dir selbst gegenüber aus?

Ich sage euch was: ich hatte mich selbst aus den Augen verloren und mein Gast hat mir die Augen geöffnet. Zugegeben auf ziemlich unangenehme Art, aber doch nachhaltig. Und ich habe mich auf den Weg gemacht, denn eine so hohe Rechnung möchte ich als gastfreundliche Wirtin nie wieder zahlen.

Krebse dieser Welt, ihr habt die Rechnung ohne uns als Wirte gemacht! Wir kümmern uns jetzt um uns selbst, lassen uns unterstützen, bitten um Hilfe und verpflichten uns zu einer Veränderung, hin zu der Person, die Gott schon immer in uns gesehen hat oder weniger pathetisch: Ent-faltung heißt unsere neue Lebensaufgabe. Sollen sich die Krebse doch was to go holen, bei uns ist kein Sitzplatz mehr frei. Denn jetzt sind wir frei.

Eure Stella

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