Stellas Leben… im Hier & Jetzt!
Woche 16
Heute…
will ich euch an meinen Erlebnissen rund um meine onkologische Reha teilhaben lassen. Das Hinkommen war ja schon die erste Herausforderung und es sollte nicht die letzte bleiben. Zuerst kam die Straßenbahn zu spät, aber den Zug habe ich trotzdem noch erwischt. Dafür fiel bereits beim ersten Umsteigen ein Zug komplett aus. Der Ersatzzug war brechend voll, die Luft zum Schneiden und alle Reservierungen waren hinfällig. Die Anschlusszüge waren weg und ich musste in der Klinik anrufen, dass es nun eine Stunde später wird. Die Hausführung und auch ein kleiner Mittagssnack hatten sich damit auch erledigt. Das alles hat mich nicht in meinen Grundfesten erschüttert, denn Reisen, die einen solchen Start haben, entwickeln sich meist ganz wunderbar. In der Klinik angekommen hatte ich jedenfalls eine ganz zauberhafte Ärztin, von meinen Koffern fehlte allerdings jede Spur.
Diese kamen dann am nächsten Tag quasi „just in time“: 10 Minuten vorm Nordic Walking-Einführungskurs kamen sie an und in Windeseile musste ich beide Koffer durchwühlen nach Outdoor-Schuhen und geeigneter Sportklamotte. Weitaus unglücklicher war, dass bei einem der Koffer das Schloss herausgerissen war. Wirklich unschön, da ich mir die Koffer ausgeliehen hatte. Ich habe natürlich gleich eine Beschwerde-Mail nebst Beweisfotos verfasst, leider bislang ohne befriedigende Ergebnisse.
Dafür nahm die Reha langsam an Fahrt auf: Die Tage waren gefüllt mit Wassergymnastik, Vorträgen, Sport in allen möglichen Variationen, Entspannung und vielem mehr. Besonderes Glück hatte ich mit meiner dortigen Psychologin und vor allem mit der Bekanntschaft wunderbarer und starker Frauen. Es tat gut, sich als Teil einer Gemeinschaft zu erleben, die Ähnliches durchgemacht hat und nun das Leben in seiner neuen Vielfalt zu schätzen weiß. Ein Glanzpunkt war das Heilsame Singen. Nach der Chemotherapie dachte ich, ich könne nicht mehr singen. Alles war trocken, ich konnte die Töne nicht gut halten. Aber nachdem wir uns eine halbe Stunde um unsere Stimme gekümmert hatten, klappte es wunderbar mit dem Singen. Zum Abschluss gab es noch eine fantastische Tiefenentspannung mit Klangschalen. Ich weiß jetzt noch, dass ich nach diesen zwei Stunden mit einem Gefühl von Zuversicht und Dankbarkeit durch die Klinik schritt oder besser schwebte.
Beim Ergometer-Training ergab sich zufällig ein heiteres Interpreten-Raten beim Musikhören. Ich konnte glücklich als „Preis“ einen Hafer-Cookie meinen Gewinn nennen, den die Sporttherapeutin selbst gebacken hatte. Zum Abschied habe ich das Rezept und ausreichend Hafer-Cookie-Reiseproviant mitbekommen. Eines der emotionalen Highlights war, als bei der morgendlichen Wassergymnastik mit lauter Musik, die bunten Poolnudeln durch das Wasser wirbelten, das Sonnenlicht hereinfiel, ich in lauter lachende Gesichter blickte und wir alle laut mitgrölten „girls just wanna have fun!“ und unser fröhlicher Gesang von den Wänden des Schwimmbades widerhallte.
Na gut, neben „fun“ wollen wir nicht den Sinn und Zweck dieser Reha aus den Augen verlieren. Relativ schnell hatte ich ein Konsil bei der MBOR-Ärztin, welche mir auch das Erwünschte in den Bericht schrieb. Wir erinnern uns: Ohne Entlassbericht, keine LTA. Und wir erinnern uns außerdem an das unerquickliche Thema Übergangsgeld. Was soll ich sagen?! Das Postfach blieb über zwei lange Wochen hinweg leer, die Nerven angespannt, die Stimmung unten. Die dringend benötigte Abmeldebescheinigung des Arbeitsamtes war zur Heimatadresse geschickt worden und dann hieß es wieder warten auf die Zweitschrift. Die Sozialberatung faxte dann alles nach Berlin, aber der Abschlag des Übergangsgeldes wollte sich trotzdem nicht auf meinem Konto einfinden. Aber am Tag nach meiner Abreise hatte ich bereits nach wenigen Minuten eine freundliche und hilfreiche Beraterin am Telefon. Sofort habe ich das Gewünschte eingescannt und nach Berlin gemailt. In einer Woche könne ich nachfragen. Und bis dahin versuche ich die Ruhe zu bewahren und mich an die besonderen Momente dieser Reha zu erinnern.
Eure Stella